Donots-Interview (Open Flair, 12.08.2011)

Tobi: Was ist der Reiz an einer Tour durch kleine Clubs?

Ingo: Die Nähe zu den Leuten, die Kommunikation. Auf einem festival hast du auch total Spaß zu spielen, wenn du Menschenmassen vor dir hast. Aber genau dieses “Kommunikations-ding” war das, was uns in den letzten 17 Jahren so ausgezeichnet hat und was einem auch jedes mal wieder spaß macht. Es ist einfach immer dieser unplanbare Moment, dass dir was aus dem Publikum zugerufen wird. Es kann immer alles passieren, ich mag es einfach sehr die Nähe zu den Leuten zu haben.Tobi: Was war euer schönstes Tourerlebnis?

Guido: Da gibt es viele, in den 17 Jahren ist viel passiert, da ist es schwer etwas rauszupicken. Also es ist nicht mir passiert, aber es ist im Nachhinein schon ein cooles Erlebnis. Denn unser Bassist Jan-Dirk wurde von einem Hund gebissen und musste dann zum Arzt, hat eine Spritze bekommen und die Ärzte mussten dann erstmal googeln, was man bei Hundebissen macht. (lacht) Eigentlich freue ich mich nur, dass er Schmerzen hatte und von einem hund gebissen wurde.

Tobi: Was war euer schönstes oder verrücktestes Fan-Erlebnis?

Alex: In Japan wahrscheinlich irgendwas.

Ingo: Ja genau, also exemplarisch würde ich sagen, dass die japanischen Fans definitiv die verrücktesten sind. Da passiert es dir wirklich, dass du am Flughafen ankommst und aus irgendeinem Grund wissen die wann du da ankommst. Die stehen dann da mit deinen Platten und du denkst nur “What?”. Aber es ist auch abgefahren, dass manche Leute ultralange Strecken für dich zurücklegen und die ganze Tour lang hinterherfahren. Du denkst dann “Fuck, das sind ca. 4500 km die ihr hier gerade zurücklegt, was macht ihr hier? Schmeißst doch nicht euer ganzes Leben weg!”. (lacht)

Alex: Wir haben Leute, die schon für eine Show nach new York geflogen sind, oder nach Tokyo, das ist schon Wahnsinn.

Ingo: Ja, das ist schon cool.

Tobi: Das erlebt man immer wieder, aber das schweißt auch zusammen. Man sieht die Leute kommen immer wieder…

Ingo: Das ist auch das größte Lob, das du bekommen kannst. Wenn Leute wirklich ihre Zeit opfern und so viele Kilometer zurücklegen, also das klingt jetzt so “abgeschmackt” das zu sagen, aber wenn die dann wirklich abends da stehen und tränen in den Augen haben oder ihre Faust in die Luft recken, das ist schon was wert.

Tobi: Früher hat man euch öfters auf MTV und co. gesehen, aber in der heutigen Zeit ist das sehr schwierig euch noch im Fernsehen zu sehen, da es fast keine richtigen Musiksender mehr gibt. Wie seht ihr das denn?

Alex: Es gibt ja so tape.tv und solche Geschichten im Internet, ich finde das gar nicht so schlecht. Vor allem muss man da keine dämlichen Gameshows oder ähnliches gucken. Bei YouTube kannst du dir auch raussuchen, was du gut findest und was nicht.

Tobi: Früher gab es bei MTV z.B. so Rocksendungen, wo man gute Bands sehen konnte.

Ingo: Das war schon geil, klar, aber heutzutage kannst du sagen “Sei deine eigene Playlist, bastel dir einfach zusammen, was du hören willst!”.

?: Aber man möchte natürlich auch etwas entdecken oder etwas gezeigt bekommen.

Alex:Oder auch überrascht werden.

Ingo: Aber dafür gibt es dann ja auch Festivals, weil da wirst du unmittelbar überrascht.

Tobi: Hat sich euer Leben dadurch, dass ihr jetzt schon 17 Jahre Musik gespielt habt, geändert?

Ingo: Ich glaube man ist sich über einige Sachen sicherer, die man will oder auch nicht will. Wir haben jetzt unsere eigene Plattenfirma “Solitary Man Records” gegründet. Es fühlt sich seitdem einfach total super an über alles kontrolle zu haben. Es ist zwar echt ein Arsch voll Arbeit, aber ich finde das formt einen natürlich auch im gutem Sinne. Weil du für komplett alles, was du machst gerade stehen musst. Du kannst die Schuld nicht auf andere abwältzen, wenn du es verkackst. Das ist dann einfach dein eigenes Ding. Aber auch das finde ich wichtig, dass du in 17 Jahren nicht einfach “den Hintern gepudert bekommst” und alles ist super, sondern mach deine Fehltritte und aus den Fehlern lernst du.

Tobi: Ihr wart auch mit den Toten Hosen schon auf Tour, wie war das denn für euch?

?: Bei den Hosen ist es wirklich so, dass wir die richtig kennengelernt haben, seitdem wir das erste mal mit denen gespielt haben. Das ist richtig geil, die ganze Crew, die ganze Band, alle sind richtig freundlich und kümmern sich. Du kommst da als kleine Band an und sie kümmern sich total um dich und bieten Hilfe an.

Guido: Du merkst bei denen, dass sie komplett Bock auf das haben, was sie machen. Die machen das nicht weil sie ihr Geld damit verdienen, sondern weil sie Lust darauf haben.

?: Bei Ami-Bands hast du das oft, dass du mit denen spielst, aber du bekommst die nie zu Gesicht, oder bist der letzte Arsch und bei den Hosen war das einfach vorbildlich.

Ingo: Die Hosen sind einfach eine gewachsene Band. Die haben auch “Scheiße gefressen”, denn die haben auch klein angefangen. Genau da ist auch der Unterschied zwischen diesen Bands, die wirklich Substanz haben und echt ihren Weg gegangen sind und denen, die von Null auf Eins auf einmal da sind, kabumm! Dann wird das ganze Thema ein Jahr lang “gemolken” und dann ist das durch. Das sind genau die Leute, die den Boden unter den Füßen verlieren und die denken, Gott weiß wer sie sind. Aber genau diese Bodenhaltung wird dir, vor allem als Westfale, in die Wiege gelegt und das ist ganz wichtig.

Tobi: Was ist für euch wichtiger, eine CD rauszubringen, oder eine Vinyl?

Ingo: Das schönste ist natürlich beide rauszubringen. Als 80er Jahre-Kind würde ich immer sagen, wenn ich eine Platte super finde, dann kaufe ich mir die auf Vinyl. Das ist bei mir das letzte Mal mit der “Arcade Fire”-Platte “The Suburbs” passiert. Die musste ich einfach auf Vinyl haben. Diese “Werte für die Ewigkeit” kaufst du auch auf vinyl nochmal nach. Aber die meisten Kids wissen heutzutage nichmal mehr wie “Vinyl” überhaupt geschrieben wird. Das ist einfach der Zeitgeist, das ist auch in Ordnung. Ich finde das wirklich noch super, diesen Gegenwert zu spüren, der schon in der Größe der Platte und den 180g Vinyl liegen. Wie geil ist das!?

 http://www.donots.de

von Tobias Book und Gina van Noppen