Lagwagon, Donots und Refused bei den Telekom Street Gigs- Landschaftspark Duisburg Nord – 28.04.12 (…oder „Danke für’s Bier!“…)

Was haben Mobilfunkanbieter und Konzerte gemeinsam? Auf den ersten Blick zunächst nicht viel. Auf den zweiten erblickt man dann eventuell die “Telekom Street Gigs”. Der Anbieter mit dem großen pinken (geschützen) „T“ richtet diese “Street Gigs” regelmäßig an den unterschiedlichsten Orten in ganz Deutschland aus – und heute unter dem Motto “Punkrock Special”ausgerechnet in der Gießhalle des Landschaftsparks Duisburg Nord mit einem Konzert von Lagwagon, Refused und, zu meiner großen Freude, den Donots! Ein echtes Heimspiel also an einem Ort, an dem vor einigen Jahren noch siedendheißes Roheisen floss. Das Besondere ist, dass es die Tickets jedes Mal ausschließlich zu gewinnen gibt.

Keine Frage, dass ich da unbedingt hin MUSS! So wurden im Vorfeld alle auffindbaren Gewinnspiele ausgefüllt und abgeschickt, um anschließend bis zur Verkündung der Namen all der Glücklichen zu zittern, schließlich wurden die Gewinner erst relativ kurzfristig vor dem Gig per SMS benachrichtigt. Ich selbst habe zunächst keine solche SMS erhalten, dafür aber so ziemlich jeder meiner Freunde, so dass schnell feststand, dass ich auch anwesend sein würde. YEAH!
Die Glücksfee hatte mich aber gar nicht komplett vergessen, sondern nur ihren Einsatz verpennt und so hat das vermultich versoffene Stück mir selbst dann auch noch Karten zukommen lassen – über eines der “indirekten” Gewinnspiele. Letztendlich hatten wir jedenfalls so viele Gewinner in den Reihen, dass eigentlich noch drei bis vier Personen mehr mitgekonnt hätten. Alle auch nur ansatzweise Interessierten unter uns waren ja aber bereits versorgt…nun gut.

Nun ist also Samstag, der 28.04.2012. Draußen ist es warm, ich kann tatsächlich zum ersten Mal dieses Jahr eine kurze Hose auf einem Konzert anziehen, das (mehr oder weniger) draußen stattfindet. Irgendwie lässt das meine Vorfreude noch weiter steigen.

Hibbelig, fast schon nervös vor lauter Freude, hüpf ich durch die Bude wie ein Eichhörnchen unter aufheiternden und nicht ganz legalen Substanzen. ENDLICH klingelt es an der Tür und Sabrina holt mich ab. Fünf Minuten Anfahrtsweg sind eine ganz neue Erfahrung, aber ich könnte mich daran gewöhnen. Vor dem Einlass ist noch nicht allzu viel los. Was aber jetzt schon auffällt: obwohl es ein Konzert ist, zu dem man die zum Einlass berechtigenden Karten nur per Glückslos erhalten kann, sitzen da genau die gleichen Köppe, wie sonst auch immer. Wir begrüßen diese Köppe also herzlich, trinken Bierchen, quatschen und lachen viel und harren weiter der Dinge, die da noch kommen mögen.

Dann ist endlich Einlass. Ich habe mich zuvor gefragt, ob die Veranstalter tatsächlich den Teil der Gießhalle nehmen, der sonst auch als Sommerkino dient. Nun stelle ich leider fest: jaah, nehmen sie. So ergibt es sich, dass der…(ja, wie soll man es nennen – “Innenraum”?)..naja, jedenfalls, dass der Bereich direkt vor der Bühne vom Raumangebot her sehr beschränkt ist. Von der Absperrung zu einer Wand hinter uns sind es vielleicht vier Meter (Achtung! Ich bin nicht wirklich gut im Schätzen von Entfernungen, Gewichten, Höhen und/oder Tiefen). Jedenfalls ist es eine verdammt kurze Entfernung. Oberhalb der Wand geht es stufenweise weiter nach oben. Für ein so bezeichnetes “Punkrock-Special“ finde ich das eher…um es nett zu sagen: blöd. Trotz allem ist die Location an sich sehr schön.

Ich geh nochmal auf den Vorplatz, versorg mich noch schnell mit einem kalten KöPi und watschel wieder vor die Bühne. Ein Moderator betritt diese gerade, erzählt noch was von einem Gewinnspiel zwischen den einzelnen Konzerten und dann leiten auch schon Lagwagon den musikalischen Teil des Abends ein.

Die amerikanischen Punkrocker aus Kalifornien legen ganz gut los. Vor der Bühne ist es insgesamt aber doch eher leer. Ichfür meinen Teil leere meinen Becher, schau mir die wenigen Männecken an, die hinter mir rumhüpfen und beschließe dann feierlich: “da mach ich doch mit”. Zwei bis drei Mal habe ich das Gefühl, dass immer dann, wenn ich dazu springe, alle anderen aufhören zu Pogen. Ist das verdammt schlechtes Timing meinerseits oder hat da jemand Angst vor meinen langen Haaren? Muss man wieder alles selber machen. Ich fahr die Ellenbogen also ein wenig mehr aus und versuche zu zeigen, dass man beim Pogo ruhig auch gegen mich und nicht nur um mich herum springen darf. Die Jungs verstehen, und ich werde als vollwertiges Pogomitglied in den kleinen aber exklusiven Kreis wild gegeneinander springender Menschen aufgenommen. Der Sänger kommt irgendwann noch auf die Idee, den Anfang eines Songs von der Gruppe Fans singen zu lassen, die da vor der Bühne auf und ab hüpft. Die Fans sind allerdings zu textunsicher, zu schüchtern und/oder zu betrunken, um diese Aufgabe zu meistern. Zumindest allein bewältigt keiner die ersten Zeilen des Songs. So kommt es dazu, dass einfach jeder mehr oder weniger ein bis drei Worte zum Text hinzufügt und gemeinsam kämpft sich die Scharr so durch den Song. Recht amüsant ;).

Nach etwa 40min sind Lagwagon dann auch schon fertig und es gibt eine kurze Verschnaufpause, die ich bereits gut gebrauchen kann. So richtig zum Verschnaufen komm ich dann jedoch nicht…

Der Moderator betritt wieder die Bühne, quaselt etwas von “Gewinnspiel” und holt als erstes einen Typ in grünem Shirt nach oben. Dann geht es um die Wahl der zweiten Person, die die Chance bekommen soll, ein nagelneues Mobiltelephon zu gewinnen.
Ich selbst check irgendwie mal wieder nicht, was hier grad genau passiert. Irgendjemand von unserem Trupp schreit mich noch an, ich solle auch aufzeigen.”Bitte was? – äh jaah!”. Ich hüpf also wild gestikulierend vor der Bühne auf und ab. Daraufhin schaut der Kerl mit dem Mikro mich an und entscheidet “Die junge Dame hier vorne mit dem Donotsshirt kommt auch noch auf die Bühne”. Ich höre augenblicklich auf zu hüpfen, schau kurz entgeistert meine Mädels an – dann an mir herunter. Ich stelle fest, dass ICH ein Donotsshirt trage und auch die Bezeichnung „junge Dame“ durchaus auf mich zutreffen könnte, beginne breit zu Grinsen und klettere dann über die Absperrung, um die Bühne zu erklimmen. Ab jetzt blende ich einfach komplett aus, dass ich mich auf einer Bühne befinde und Menschen zuschauen könnten. Danke lieber Gott, dass es Bier gibt und dass ich auf die glorreiche Idee gekommen bin, bis jetzt bereits drei bis vier davon genossen zu haben. Nüchtern würde ich wohl gerade sterben. Dann kommt unsere Aufgabe. Da das gerade mal einen Tag zuvor erschienene Album der Donots “Wake The Dogs” heißt, ist irgendein schlauer Schlaumeier auf die lustige Idee gekommen, dass wir zwei nun um die Wette bellen dürfen.´- naaa toll. Immerhin muss ich nicht anfangen. Mein Kontrahent legt also los und es klingt ein wenig, wie ein heftig leidender Wolf. Im Kopf geh ich selbst bereits durch, wie ich gleich denn verdammt nochmal einen Hund nachmachen könnte. Ich wusste nicht, dass es so schwierig ist, zu bellen…da muss ich blöderweise schon aufhören zu grübeln.
Der Moderator drückt mir das Mikro in die Hand mit den Worten “Mach uns den Bernhardiner” und ohne zu zögern oder weiter zu denken, leg ich einfach los. Erneut bin ich unheimlich dankbar für den Alkohol, der sich bereits in meinem Kreislauf befindet und belle mir die Seele aus dem Leib. Der Moderator muss jedenfalls lachen – und ich befürchte er ist nicht der Einzige. Mit einem lauten Heuler beende ich meine Hundeperformance, werde knallrot und gebe das Mikro wieder an den breit grinsenden Moderator ab. Nun wird das Publikum befragt und tatsächlich, der Jubel für meine Imitation eines psychotischen Bernhardiners kam scheinbar ganz gut an, zumindest besser als die Darbietung meines Gegners. WOW! Somit habe ich also soeben ein Handy im Wert von gut 500€ gewonnen! Irgendwie fast fair, wurde mir doch erst im Dezember mein letztes (und bisher einziges) Smartphone entwendet.

Am ganzen Körper zitternd versuche ich noch, den mir vorgelegten Zettel zu unterschreiben, mit dem ich bestätige, das Telefon erhalten zu haben. “Was mach ich denn jetzt mit dem Ding, wenn ich pogen will?” frage ich noch entsetzt, woraufhin die beiden Telekommitarbeiter schmunzeln müssen. Dann wanke ich zurück zu den anderen.

Noch völlig im Rausch des eben Geschehenen, raste ich völlig aus, als die Donots dann endlich die Bühne betreten. Sie starten mit “Calling” und ich spring bereits wild im Kreis. Es ist immernoch recht gut Platz, aber doch wesentlich voller als bei Lagwagon zuvor. Zusammen mit Alisa eröffne ich noch den weltkleinsten Circlepit – wir verdienen wahrlich einen Preis, für die geniale Umsetzung bei diesen baulichen Gegebenheiten. 😉
Ingo fordert noch zum klassichen “Hinsetz- und Aufspringritual” auf, weil er so für das nötige Festivalfeeling sorgen will. Es fühlt sich tatsächlich ein wenig so an, was aber auch an dem ganzen “Rundherum” liegt. An dem kaltem Bier, dem gutem Wetter und den vielen lieben Menschen, die man kennt. An neuem Liedgut spielen die gebürtigen Ibbenbürener lediglich die Songs, die wir auch schon auf den letzten Konzerten Ende 2011 zu hören bekommen haben. Ich freue mich dennoch. Ich habe allerdings auch seit erhalten der CD das Album in Dauerschleife gehört und liebe es von mal zu mal mehr.

Die Zeit vergeht viel zu schnell und schon verlassen die Donots wieder die Showbretter. Die Band gibt aber unmittelbar nach ihrem Auftritt noch eine Autogrammrunde und auch ich stelle mich an, um mir mein Album signieren zu lassen. Die Jungs sind so unglaublich und unvergleichlich nett wie immer, erkennen mich seit dem letzten Grand Münster Slam zudem scheinbar wieder und Purgen erinnert sich sogar an meinen Namen. Richtig Zeit zum Quatschen haben wir aber leider nicht.
Im Hintergrund höre ich, dass die nächsten beiden Menschen auf der Bühne stehen und erneut um ein Handy zocken. Die Aufgabe dieses Mal: Einen (nicht rassistischen) Witz erzählen (GUT, dass ich bellen musste!).

Wir entdecken noch einen Stand, an dem man sich mitnehmen darf, was auch immer man will, so lang man eine Spende in Höhe des eigenen Ermessens in die Spardose wirft. Das finden wir alle gut und nutzen die Gelegenheit dementsprechend. Nun recht vollgepackt entscheiden wir, alles im Auto verstauen zu gehen.

Als wir zurückkommen, geht es auch schon los mit Refused. Weiter oben auf den Stufen gefällt es uns nicht so richtig gut, und so begeben wir uns wieder ganz runter und bleiben rechts der Bühne mit sehr gutem Blick auf die Geschehnisse stehen. Ich kenne viel zu wenig von der schwedischen Hardcore-Punkband, die Show ist aber irre. Es gibt jedenfalls viel Rauch und eine echt gute Lichtshow, whärend der Sänger sich völlig zu verausgaben scheint. Der Bereich vor der Bühne ist nun bis auf den letzten Platz ausgefüllt und Securitys verhindern, dass es dort noch voller wird. Wie zuvor auch, gehen die unten stehenden ab. Jeder, der oben steht, wippt maximal ein wenig mit. Ich selbst halte mich nun ja aber auch zurück.

Irgendwann ist dann auch die letzte Zugabe gespielt und die Schweden verabschieden sich noch eine ganze Zeit lang. Nachdem unsere Truppe noch gut eine Stunde lang vor dem Gasometer gesessen, gequatscht und gelacht hat, brechen auch wir letztendlich auf, um heim zu fahren. Mir entgegenkommende Menschen schmeißen mir bereits den ganzen Abend immer wieder ein freudiges “Wuff” zu. Ich finde das durchaus sympathisch.

Am Ende des Tages bleiben jedenfalls zwei Erkenntnisse:
Zum einen scheinen die Donots nicht nur eine meiner absoluten Lieblingsbands zu sein, sondern auch meine Glücksband.
Zum anderen weiß ich nun, dass ich scheinbar nicht nur semiproffesionelle Crowdsurferin bin, sondern auch professionelle Hundeimitatorin mit dem Schwerpunkt “psychotischer Bernhardiner”.

(M.R.)