Das Wochenende ist vorbei, die Bierdosen sind leer, das Zelt wieder mehr schlecht als recht zusammengepackt und Helga ist immer noch vermisst. Das Ruhrpott Rodeo hat letzten Sonntag seine 13. Auflage beendet und ließ mit seinem spektakulären Line-Up seine Besucher kaum zu Atem kommen.
Bei strahlendem Sonnenschein eröffnen Paddy and the Rats die Ruhrpott Stage und die Feierbereitschaft der Fans war sofort zu spüren. Gefolgt von Cro Mags, The Briefs und Acht Eimer Hühnerherzen entsteht ein ganz unterhaltsames Geplänkel zum warm werden. Und auch die Punklegenden von Male liefern solide ihre Show ab.
Das Highlight dieses Abends wartete jedoch danach auf der kleinen Rodeo-Stage: Blümchen. Einhörner, Fahnenschwenker, Kostüme, 90er Jahre Electro-Pop und davor ein tobender Moshpit. Eigentlich wollte ich nur vom Rand auszusehen, wie dieser im Vorfeld so gehypte, nicht ganz ernst gemeinte Act, bei der Punkgemeinde ankommt. Stattdessen wurde ich während des ersten Songs doch vor die Bühne gedrängt und fand mich plötzlich singend im Pogo wieder. Keine Ahnung was genau da abging, aber irgendwie war’s geil!
Viel Zeit zum ausruhen blieb allerdings nicht. Headliner des Abends Sondaschule standen bereits auf der Ruhrpott-Stage bereit. Eine bekannte Größe des Ska-Punks, die ich bis dahin allerdings nie live gesehen hatte. Aber nach diesem Abend frage ich mich definitiv: „Warum eigentlich nicht!?“Absolutes Powerkonzert, das keine Wünsche offenließ. Singen, Tanzen, moshen…selten hatte ich so viel Spaß bei einem Konzert. Hoffentlich bald wieder!
Den Abschluss des Abends lieferten The Mighty Mighty Bostons. Die Skacore-Band aus Boston brachte nochmal alle zum Tanzen. Ruhiger als die anderen Bands des Tages, aber dennoch stimmungsvoll. Perfekte Abschlussmusik bevor man sich in den Schlafsack kuschelt und für den nächsten Tag wappnet.
Den zweiten Tag eröffnen König Kobra auf der kleinen Bühne. Solider Punk, den man sich durchaus mal anhören kann. Deutlich interessanter jedoch waren die Monsters of Liedermaching, die die große Bühne an diesem Tag eröffnete. Unterhaltsame Liedermacher-Songs. Ironisch, frech und teilweise völlig sinnlos, aber definitiv immer lustig. Perfekte Einleitung für einen Festivaltag. Als Bonus dazu gab es sogar für die ersten Reihen etwas Freibier. Besser kann man ein Publikum wohl nicht für sich einnehmen.
Ebenfalls sehr sympathisch waren die drei Jungs von Montreal, die mit lockerem Plauderton und Hits wie „Endlich wieder Diskozeit“ gut für Stimmung sorgten. Sie hatten Sogar Costa von der Sondaschule Als Spezial Gast auf der Bühne.
Swiss & die Andern waren dagegen weniger nach meinem Geschmack und als nach der Hälfte des Konzerts der Regen einsetzte, war das für mich eher eine willkommene Ausrede sich im trockenen Zelt zu verstecken. Eine gute Gelegenheit sich endlich über die mitgebrachten Essensvorräte her zu machen. (Warum nimmt man eigentlich immer zu viel mit?)
Das Abendprogramm starteten dann Die Kassierer. Für die Meisten definitiv Legendenstatus. Außerdem gab es endlich die Live-Version des Songs „Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“, nach dem das komplette Festival ja schon seit Freitag regelmäßig verlangte. Mein Humor war das zwar überhaupt nicht, aber die meisten würden mir da eh nicht zustimmen. Also lieber schnell weiter zum Headliner des Tages The Hellacopters. Musikalisch haben die schwedischen Hardrocker echt was drauf, live war die Show jedoch gar nicht mal so spektakulär und nach ein paar Songs hatte man bereits alles gesehen. Dennoch ein interessanter Abschluss für Tag zwei.
Am Sonntagmorgen machte sich langsam der Muskelkater bemerkbar. So richtig festivalerprobt bin ich offensichtlich noch nicht. Aber es hilft ja nichts, der Sonntag beginnt mit The Ramonas und die wollte ich auf keinen Fall verpassen. Eine Entscheidung die sich als goldrichtig herausstellte. Die Ramonescover im Mädchenstil kamen richtig gut und die eigenen Songs der Mädels wie „First World Problems“ standen dem in nichts Weise nach.
Götz Widmann sorgte wenig später auch für gute Unterhaltung, als weiterer Liedermacher des Festivals.
Ein paar Stunden später spielte Mark Ramone auf der Ruhrpott-Stage. Etwas seltsam nach einer Coverband dieselben Songs nochmal, dieses Mal von einem Original-Mitglied, zu hören. Richtig übergesprungen ist der Funke nicht, da fand ich The Ramonas überzeugender. Aber was soll’s, mein kleiner Favorit auf diesem Festival war ohnehin Cryssis, also rüber zur Rodeo-Stage. Eine halbe Stunde energiegeladenes Konzert, das leider viel zu schnell vorbei war, aber dennoch ein Highlight mit schwungvollen Hymnen wie „Fighting in Brighton“ oder „Argentina“.
Weiter ging es mit Massendefekt auf der großen Bühne. Mit zahlreichen kleinen Spielchen mit dem Publikum wie Hinsetzen & Aufspringen, Konfettikanonen und Frauenpogo etc. schafften sie es auch gegen Ende des Festivals nochmal für Party zu sorgen.
Die für mich letzte Band des Festivals war Headliner Ska-P und zu denen kann ich nur sagen: Wow! Sämtliche Show-Effekte, die andere Bands die letzten Tage eingespart hatten, holten Ska-P jetzt raus. Videoscreens, Kostüme und kleine theaterhafte Showeinlagen. Die Sprechbarriere der spanischen Band mit dem deutschen Publikum war dadurch kein Problem. Wenn ein Bandmitglied mit Uncle Sam-Kostüm und riesiger Weltkugel über die Bühne tänzelt, ist die sozialkritische Haltung schnell klar. Kritisch, aber trotzdem humorvoll inszeniert, so mag ich meine Konzerte. Ein krönender Abschluss für ein unterhaltsames Festival mit zahlreichen lohnenden Bands. Das Ruhrpott Rodeo war eine gigantische sympathische Party. Bis nächstes Jahr. Yee-haw!