Am Anfang war … ein sonniger Tag im Juni, eine springende Masse und der Staub. Pünktlich zum diesjährigen Hurricane-Festival stellte Madsen ihr nunmehr fünftes Studioalbum „Wo es beginnt“ fertig und die ersten Songs der tobenden Menge zur Schau. Schon damals stieg die Vorfreude auf das Album ins Unermessliche. Ob sich das Warten gelohnt hat, lest ihr im Folgenden:
Zur Albumproduktion verabschiedeten sich die Wendland-Jungs ins Ferne Amerika. Dort wurden die Songs auch das erste Mal live ausprobiert – laut Facebook auch sehr erfolgreich. Euphorisch beginnt „Wo es beginnt“ mit dem gleichnamigen Song, der vor Selbstbewusstsein nur so strotz. Grundpositiv erzählen Gesang, Gitarre und Schlagzeug von einer selbstbestimmten Zukunft und dem einzig richtigen Schritt in diese.
Mit „So cool bist du nicht“ und „Nimm den Regen mit“ folgen auf dieses Monument an Selbstsicherheit die leisen, zweifelnden Töne. Klar dominiert das Thema Trennung in den verschiedensten Facetten. Mal verzweifelt, mal wütend-abgeschlossen philosophiert Sebastian über das Lebewohl. Hatte da etwa jemand etwas zu verarbeiten? Doch die persönliche Regenwolke ist kein eigengeschöpftes Phänomen, sondern ein Bild, das Jeder bereits dank Schicksal oder Pech fühlen musste. Die Songs klingen authentisch, auch wenn einem Poet im Falle des Zweifels sicher ausdrucksstärkere Vergleiche als „Cool sein“ eingefallen wären. Aber wir sind ja schließlich nicht bei Goethe. In diesem Kontext erhält der erste Track noch eine Intention mehr: Nach einem Schlussstrich, beginnt ein neues Kapitel. Auch für Madsen?
„Love is a killer“ erinnert an das vergangene „Mit dem Moped nach Madrid“. Es scheint fast so, als sei dies hier die Hintergrundgeschichte zum mutigen Mopedfahrer, der damals gar nicht aus Neugier gen Spanien fuhr, sondern nur diese eine Dame vergessen wollte, um die er so viele Tränen weinte.
„Lass es raus“ ist der zweite Akt der „Wo es beginnt“-Oper und bildet einen gelungen Abschluss zum leisen Dreisongpart. Sebastian singt vom inneren Kind, das verkleidet als Rebell, unbedingt Auslauf braucht. Ein altes Madsen-Thema – schließlich forderten sie bereits 2008 zum Nachtbaden auf. Nichts desto trotz treffen die Herrschaften hiermit den Nagel einer Generationsfrage auf den Kopf. „War das alles?“ Willkommen in der Welt alle Mitzwanziger/Mitdreißiger. Da lass ich doch gerne mal den Rebell wieder auf einem Livekonzert mit den anderen Verzweifelten spielen. Wieso nicht zum Beispiel zu „Lass die Musik an“ – der ersten Single des Albums. Ohrwurmwürdige Elektroorgeln schwingen durch die Luft und erhalten durch durchgängige Bass- und Snairtakte an Geschwindigkeit. Drei Minuten Zeit für die Ewigkeit – was für ein Versprechen. Die Intention des Songs ist klar – Radio-Rotation. Doch der Erfolg sei ihnen gegönnt. Gerade in Kombination mit dem vorherigen Song ist die Botschaft an alle Hörer vielleicht gerade die Schönste, die ich in den vergangenen Monaten gehört habe. Musik kann retten – und wenn nur kurzzeitig aus dem öden Alltag.
Für „Generation im Arsch“ hat die Band wieder das Schreien und die vergleichsweise härteren Gitarrenriffs für sich entdeckt. Kritik an der Generation – P.? Man sollte meinen wir wären echt arm dran – stimmt! Angst etwas zu verpassen, oder generell Angst vorm Leben sind nunmehr Fragen, die uns beschäftigten. Aber: Ein wenig ist das Thema doch von Kraftklubs „Zu jung“ abgekupfert.
Was nun folgt ist erneut ein Part fürs Herz: Die Songs „Für immer dein“ und „Es wird schon wieder gut“. „Für immer dein“ macht hierbei gar ein wenig Angst. Ein öder, unselbstständiger Kerl ist schwerverliebt in Frau A, die mit Komplimenten überschüttet wird. Ob die Herzdame entsprechend reagiert, bleibt offen. Violinenklänge und Schicksalsgedusel versprechen „Es wird schon wieder gut“. Alles wird wieder gut – das hat Sebastian sicher nach seinem schweren Unfall beim Videodreh 2010 häufig gehört. Somit ist dieser Song eine schöne Version eines Dankes an all die Unterstützung und Zusprüche.
„Wo es beginnt- Akt Drei ist der Song „Die Welt gehört dir“. Mit selbigen Motiv wie in den vorangegangenen Akten, spricht der Song über den selbstbestimmten Aufbruch, der angstbelastet aber befreiend zugleich, einfach nur beflügelt. Das Bild eines aufbrechenden Himmel mit kräftigen Sonnenstrahlen kombiniert mit kreischenden Gitarren ist beeindruckend. Möglicherweise ist auch dies die „wahre“ Hintergrundstory für den altbekannten mutigen Mopedfahrer: Er hatte gar keinen Liebeskummer, sondern lediglich eine beschissene Kindheit. Genau werden wir es nie erfahren.
„Baut wieder auf“ und „Alarm im Paradies“ sind erneut Generationskritik und Pathosschlägerei in einem. Ein gelungener Abschluss für ein solides Album.
Madsen haben sich mit „Wo es beginnt“ nicht neu erfunden. Viel eher ist das Album das konsequente Fortführen der bisherigen Albenpolitik. Die Thematik ähnelt sich häufig, doch musikalisch überrascht das Album in einigen Frequenzen. Die CD ist ein grundsolides Ding, jedoch kein Werk, das in die Musikgeschichte eingehen wird. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf die Liveinterpretation der neuen Songs. Schließlich hat die Band schon zwischen Staub und purem Sonnenschein im Juni mit ihrem starken Auftritt die Menge begeistern können. „Vielleicht ist das der Anfang…“
Jenny