Hui, was eine Freude. Gerade noch dachte ich, ich müsste noch so verdammt lang auf die Donotstour im Herbst warten, aber dann geben die Ibbenbürener bekannt, dass sie am 14. September beim ZDF Zeltfestival in Mainz spielen. Die Karten kosten nur einen Zehner. So wird schnell die Entfernung ausgecheckt, kurz überlegt, ob die Fahrt bis Mainz nach der Arbeit machbar ist und dann zu dem Ergebnis gekommen “joooah, passt schon”.
Steffie müssen wir leider zurücklassen…das organisatorische Unvermögen ihrer FH macht ein noch pünktlich kommen unmöglich. Also müssen Sabrina und ich allein loszockeln. Nach drei Stunden Fahrt passieren wir noch die Äppelallee (das muss ja wohl erwähnt werden) und landen dann auf dem ZDF-Gelände. Wir stellen das Auto noch vor den Schranken ab, leeren zu zweit das Bier, dass für drei gedacht war und erwarten die Ankunft von Alisa. Im Hintergrund trällert Roman Lob in dem großen weißen Zelt, dass wir bereits von hier aus sehen, weil es Luftlinie gerade mal 20m von uns entfernt ist. Als Alisa kurze Zeit später bei uns eintrifft stellt sie darum auch fest: “da hätten wir uns den Eintritt ja auch sparen können. Von hier aus hört man alles super und wie die Köppe aussehen, wissen wa ja”
Nun haben wir ja aber die Karten und gehen deswegen auch trotzdem rein. Noch schnell zur obligatorischen Toilettenbesichtigung: Woooah, die vermutlich schönsten Containerklos, auf denen ich jemals war! Sanfte Fahrstuhlmusik im güldenen Licht von Klokabinen, in denen man sich sogar umdrehen kann, das gibt es wohl nur bei den Öffentlich-Rechtlichen! Das hat man nicht alle Tage auf Konzerten oder Festivals. Ääääh, jaaah…
Roman trällert noch immer vor sich hin. Im Vorzelt kann man sich jedoch mit Kaltgetränken und Essbarem bestens versorgen und auf zwei Bildschirmen wird sogar übertragen, was im Hauptzelt passiert. Dann endlich schmettert der Herr Lob den letzten Ton und danach wird der Innenraum des Zelts vom recht jungen und überwiegend weiblichem Publikum geleert, damit der Donotsmob anschließend hinein kann.
Als die Türen dann aufgehen, strömen alle dermaßen schnell hinein, dass mir nicht einmal meine Karte weggenommen wird. Der Strom stoppt jäh, denn hier ist dann auch schon Schluss und wir stoßen auf die Absperrung vor der Bühne. Huch, ist das alles klein hier. Der “Innenraum” ist nach hinten sehr begrenzt, bevor es dann stufenförmig aufwärts geht. Eine riesige Fernsehkamera steht unmittelbar hinter uns. Alisa und ich schauen uns an und beschließen dann schnell, ein paar Schritte zurück zu gehen in den Bereich, in dem es hoffentlich mehr Bewegung geben wird. Eine Dame, deren Alter doch erkennbar über dem Durchschnitt liegt und die sich mittig in der ersten Reihe neben Sabrina positioniert hat, erzählt uns stolz, dass sie ja gerade beim Herrn Lob auch schon hier gewesen sei und wie entspannt die Konzerte hier doch seien. Höflich und zuvorkommend wie wir nun mal sind, warnen wie sie, dass es bei den Donots schon mal durchaus zu so einem Phänomen namens “Pogo” kommen kann. Sie schaut uns jedoch entsetzt an und meint: “Bei diesem Ambiente wird ja wohl nicht gepogt!”. Wir weisen sie darauf hin, dass wir ja schon mal mindestens zu zweit seien und Pogo somit unausweichlich ;-). Ein paar Schritte weiter hinten treffen wir auch schnell auf Gleichgesinnte und außerdem auf Nini. Noch vor dem ersten Ton von der Bühne sind alle erleichtert, auf andere Pogofreunde getroffen zu sein. Ein Tüte mit Konfetti geht noch durch die Reihen und wir stopfen uns alle schön die Taschen voll. Nur abgesprochen, wann wir es nutzen wollen, haben wir uns nicht.
Dann geht es endlich los. Das Intro erklingt und wir grinsen uns im Kreis mit etwa zehn Leuten breit an. Von jetzt auf gleich gibt es beim ersten Ton von Calling dann kein Halten mehr.
Obwohl das Konzert ausverkauft sein soll, haben wir reichlich Platz. Es mag daran liegen, dass hier für’s Fernsehen aufgezeichnet wird. Mir ist das recht, so macht Pogo viel mehr Spaß als wenn alles aufgrund von Platzmangel eher eine Art Rumgequetsche und Hin- und Hergeschiebe ist. Nach dem ersten Song begrüßt Ingo uns und erzählt, die Band hätte dem ZDF versprochen und sogar unterschrieben, das Zelt wenigstens zum Teil stehen zu lassen – aber wir haben, richtig Ingo, dies ja nicht getan. Also weiter Pogen, bis die Wände wackeln!
Und Pogen tun wir…so ziemlich bei jedem Song. Wenn es mal etwas abflacht, sind es nicht selten ausgerechnet wir Mädels, die einfach mit Anlauf in den nächstbesten Kerl reinrennen, um das fröhliche Gegeneinanderrumgespringe wieder zu entfachen. Ich hatte schon vorher angekündigt, dass ich ja eigentlich gern Crowdsurfen würde, man das ja hier aber vergessen könne…die Jungs um mich herum sind der Meinung, “doch, das geht – auf der Stelle!”. Nun gut, warum nicht, ist mal was Neues. Bei Stop The Clocks versuchen wir dann das Experiment – und scheitern erstmal kläglich. Obwohl ich immer wieder wild nach hinten winke und gestikuliere, gerate ich immer weiter nach vorn. Verdammt, da kommt schon die Absperrung. Und hiner der Absperrung: nichts. Beziehungsweise besser: niemand. Das soll heißen, kein Security, der mir hinunter helfen könnte. Die nächste Sicherheitskraft (eine von zweien, wenn ich richtig gezählt hab) steht etwas weiter rechts und schaut leicht verwirrt mit einem Anflug von Panik, als ich der Abspeerung so nah komme, dass ich im nächsten Augenblick hinüberfallen dürfte. Er macht jedoch keinerlei Anstalten, sich auf mich zuzubewegen. Sabrina ist dann diejenige, die mir noch kurz davor nach unten verhilft. Ich mach auf dem Absatz kehrt und geh wieder nach hinten, na das war ja nix. Die Jungs sind jetzt der Meinung, “ja, war blöd – machen wa nochma” und heben mich beim Refrain einfach wieder hoch und Tatsache: ich werd nicht nach vorn gertragen, sondern einfach auf der Stelle im Kreis gedreht. YEAH, Crowdsurfen auf der Stelle geht doch!
Die Setlist besteht neben den Klassikern wie Whatever happened to the 80’s oder Dead Man Walking, die wohl auf so gut wie keinem Konzert fehlen, aus reichlich Songs des akuellen Albums Wake The Dogs. Unter anderem sind wir Zeugen von der Livepremiere von All You Ever Wanted, welche sehr gut gelingt. Dafür gibt es andere kleinere Pannen auf der Bühne, was den Ton, Micros und sonstiges Equipment angeht. Naja, die Jungs wollten das Zelt ja nur zum Teil stehen lassen. Insgesamt wirken die Veranstalter, ähnlich wie die Dame aus der ersten Reihe, nicht so richtig vorbereitet auf diese Band und das dazugehörige Publikum. Im Fernsehgarten wird halt nicht allzu oft gepogt.
Wir jedoch springen, schreien, singen, pogen, setzten uns alle hin, springen wieder auf, schmeißen uns auf den Boden, tanzen auf den Schultern fremder Menschen, surfen, schmeißen Konfetti in großen Mengen und bei So Long liegen wir uns dann alle in den Armen, sind schweißnass, grinsen breit und sind uns alle einig, dass das hier heute verdammt viel Spaß gemacht hat.
Vielleicht nicht das beste Donotskonzert, aber definitiv eines der lustigsten, auf denen ich bisher war.
Die Reihen lichten sich, wir schlendern langsam aus dem Zelt und suchen dann schnellstmöglich die Theke auf, um etwas zu trinken zu kaufen. Irgendwann wird sich dann von allen verabschiedet und wir gehen in die kühle Nachtluft von Mainz hinaus um heimzufahren.
Unsere Gedanken sind eine Weile noch bei dem ZDF-Mitarbeiter, der dieses Zelt von dem wirklich einfach überall klebendem, schweißgetränkten Konfetti befreien darf. Er tut uns ein wenig Leid, aber immerhin waren wir ja so nett, das Zelt doch noch stehen zu lassen…