„Farin Urlaub wird platzen vor Neid“ – Interview mit Sondaschule [Teil 1]

„Lass es uns tun“ – das neue Album der Sondaschule ist frisch in den TOP 100 der deutschen Albumcharts eingestiegen. Konzertouristin Sabrina und Jenny haben die Band anlässlich des Release zum Sprechtag gebeten und bei einer Runde Bier über das neue Werk gesprochen. Und weil Costa Cannabis (Gesang), Chris (Posaune) und Chemokeule so in Plauderlaune waren, haben wir euch sogar zwei Teile zu bieten. Viel Spaß mit dem Ersten:

KT: Euer Album heißt „Lass es uns tun“: Was wollt Ihr unbedingt tun?

Costa: „Lass es uns tun“ bedeutet, dass man endlich das macht, was man immer schon machen wollte. Was das jetzt speziell für den Einzelnen heißt, sei mal dahin gestellt. Das Cover zeigt eine brennende Stadt. Das finden wir super: Alles nieder brennen und wieder neu anfangen, ist ja auch die Message des gleichnamigen Songs. Das ist jetzt unser neues Motto. Für andere bedeutet „Lass es uns tun“ aber vielleicht auch abends in die Disko zu gehen und sich ein nettes Mädel, oder einen geilen Typen auszusuchen, kann ja auch sein. Man kann das ja in ganz, ganz viele Bereiche des Lebens einordnen und deswegen ist es auch ein sehr guter Titel für unser Album.

KT: Standen noch andere Titel zur Debatte?

Chris: Oh ja! 200 Stück ungefähr. Aber 199 davon waren Quatsch. Okay, zehn waren gut, fünf richtig gut und einer passend.

Costa: Genau! Und der war gar nicht vorher auf der Liste. Wir konnten uns nicht auf einen Titel einigen und gingen dann noch mal alle Liedtexte durch und auf einmal meinte einer „Lass es uns tun“. Den Titel fanden dann zum ersten Mal alle gut.

KT: Man hat generell das Gefühl, dass das Album sehr demokratisch aufgenommen wurde. Was war jetzt anders in der Vorbereitung und bei der Aufnahme als sonst?

Costa: Demokratisch war es bei uns ja immer schon. Dabei kann es zwar dann auch laut werden und Streit entstehen, das sind aber dann die Themen, bei denen es sich lohnt zu diskutieren. Es zählt aber auf jeden Fall der Mehrheitsbeschluss. Bestes Beispiel hierfür ist wirklich der Albumtitel. Demokratie in einer Band ist jedenfalls wichtig.

KT: Gibt es bestimmte Favoriten-Songs auf dem neuen Album?

Chris: Meiner ist auf jeden Fall „Für immer nie nüchtern“ und das obwohl ich überhaupt keinen Alkohol trinke. Der berührt mich irgendwie und verursacht Gänsehaut. Ich hab ja den Text nicht geschrieben, aber hast du gut gemacht Costa.

Costa: Mich berührt der Song auch sehr, obwohl es jetzt auch nicht mein Problem ist. Aber wir kennen das Problem auch Band intern oder im Verwandten- und Freundeskreis. Jeder kennt jemanden der alkoholkrank ist, deswegen berührt der Song so. Auch ich kenne dieses Problem des „nicht aufhören können“ bzw. „nicht los lassen können“ sehr gut, wenn auch nicht wegen Alkohol. Ein absolutes Lieblingslied auf dem Album kann ich nicht benennen, da ich alle Texte geschrieben habe. Da existiert zu jedem Song ein gewisses Bild im Kopf. Die eine Woche find ich den einen Track lustig, in der nächsten Woche finde ich dann einen anderen besser.

KT: Wie entstehen bei euch die Lieder?

Costa: Drei Leute in der Band schreiben Demos. Das sind Don (Gitarrist), Simon (Drummer) und eben ich. Ich mach meist die Songs komplett fertig. Entweder habe ich da eine Textidee und suche dann die Melodie, oder eben genau andersherum. Don macht sehr viele Demos, Simon nur ein paar, aber das sind die sehr guten. Nicht immer die Masse entscheidet. Mit Chris zusammen habe ich zum Beispiel auf eine Demo von Chemokeule Keyboard-Sounds gespielt. So entstand „Aber sicher“

Chris: Also alle zwei, drei Jahre kommt dann auch mal ne Mail von Chemokeule mit dem Betreff „Chemokeule macht endlich wieder Mukke“. Das sind dann zwölf Minuten Beats, die aber nur aus vier Akkorden bestehen. Wir haben dann die besten drei Minuten daraus zusammen geschnitten.

Costa: Eigentlich hat Chemo die beste Ausbeute. Er hat in vier Jahren zwei Demos gemacht. Aus einer ist die erste Singel „Tanz“ des letzten Albums geworden, der zweite ist jetzt „Aber sicher“. Bei „Tanz“ habe ich auch das Lied nur zusammengeschnitten. An „Aber sicher“ haben wir doch noch ziemlich rumgeschraubt, aber das Riff und der Beat sind von ihm.

KT: Musikalisch habt Ihr Euch sehr weiterentwickelt, vor allem finden sich viele Elektro-Parts wieder. Wer hat Euch da beeinflusst?

Costa: Chemo-Keule heißt nicht umsonst so. Er hört privat nur Elektro-Musik, ganz harten Punk oder Hardcore. Egal was, es muss extrem sein. Im Tourbus beschallt er uns laufend mit Elektro-Musik – Gegenwehr zwecklos. Wir haben aufgegeben und sind ehrlich so ein wenig auf den Geschmack gekommen. Deswegen haben wir nun auch ein Keyboard im Proberaum. So kam es dann auch, dass wir anstelle der Bläser bei „Aber sicher“ die Keyboardparts haben. Chris hatte damals die Posaune vergessen. Aber wir wollten Musik machen und es gefällt uns. Wem das nicht gefällt, der soll bitte einen anderen Song hören. Ich mach die Musik nicht für andere, sondern für mich, in diesem Fall für Chris und mich. Und wir hatten Spaß.

KT: Gibt es irgendwelche Musiker die Euch beeinflusst haben?

Chris: Nö, unsere alten Platten waren unser Vorbild. Nach dem letzten Album „Von A bis B“ wollten wir wieder härter werden.

Costa: Ich habe auf jeden Fall ganz viele musikalische Vorbilder, aber denen eifere ich nicht nach. Aber ich merke, dass in der Musik, die ich mache, ein Teil meiner Vorbilder drin ist. Hirsch von Montreal hat zum Song „Deine Ängste“ gesagt, dass Farin Urlaub vor Neid platze, wenn er ihn hört. Dabei habe ich gar nicht an Die Ärzte gedacht, als ich den Song geschrieben hab. Den habe ich auch einfach ausgekackt. Sobald ich die Zeile „Deine Ängste und nicht meine“ im Kopf hatte, war der Song innerhalb von zehn Minuten fertig. Okay, die Chöre klingen ein wenig nach Die Ärzte, aber im Endeffekt eifere ich keinem nach, sondern der Song ist dann so. Gibt es eine melancholische Melodie, wie auf unserem letzten Album, dann schreibe ich ein passenden Text dazu. Ich kann auf soetwas nicht Sommer, Sonne, Strand und Meer drüber singen, wenn es sich nach Totschlag anhört.

Mit Die Ärzte bin ich halt groß geworden. Da war die Aussage von Hirsch wirklich ein Kompliment. Farin Urlaub schlägt keiner. Im texten und Musik machen, kann dem keiner in Deutschland das Wasser reichen. Aber das ist auch gar nicht mein Ansporn. NOFX wird für mich immer die Band meines Herzens bleiben. Die sind sich treu geblieben und haben geile Texte. Aber es gibt so viele andere Bands, die ich toll finde. Ich liebe Musik, und das ist einfach in mir drin.

KT: Im Lied „Es ist wie es ist“ kommt indirekt Scooter und der Li-la-Launebär vor – was steckt dahinter?

Chris: Wir waren vor zwei Jahren auf einem Scooter-Konzert. Bei 8000Leuten waren wir drei die einzigen drei Leute mit Hut aufm Kopp.

Costa: Als ich nach Hause gegangen bin, hab ich mir gedacht, dass müssen wir auch machen. Es ist so geil. Keinen interessiert, was der Typ singt. „How much is the fish“ oder „I am the horseman, where is the painted cow.” Alter, dabei flippen alle aus. Ich lege sehr viel Wert auf Texte, und trotz des ganzen Quatsches in der Strophe, haben die letzten vier Worte mehr Aussage, als jedes komplette Scooter-Konzert. Der Li-la-Launebär war das blödestes, was mir eingefallen ist. Das passte gut nach „really ganga a poteato.“ In unserem Video gibt’s ja so Li-la-Launebär-Tabletten. Es ist ja so, der Li-La-Launbär ist immer gut gelaunt. Trotz so einer Kack-Mukke haben die Verdrogten ja alle immer gute Laune. Das Lied zielt auf diese Drogenszene ab, die sich am Ballermann voll schüttet und auf jede Scheiße abgeht.

KT: „Schöne neue Welt“ wettert gegen Social Networks und Co. – Hand aufs Herz: Ist die neue Welt wirklich so schlecht?

Costa: Der Song ist meine Sicht der Dinge. Ich find Facebook ja nicht schlimm, überhaupt nicht. Jeder soll machen, was er will. Nur alle kennen sich auf einmal. Wenn ich irgendwo hingehe und jeder rumprahlt, wen er kennt. Wenn man dann nachfragt – Facebook. Ja genau, ihr kennt euch alle nur noch über Facebook. Alle zusammen. Das ist heutzutage Gang und Gebe. Jeder weiß über jeden alles, was er preis gibt. Ich finde das nicht schlimm, ich wollte es doch einfach mal sagen. Außerdem bedanke ich mich ja. Ich lobe es. Alle denken immer das wäre ein Protestsong, aber das Lied heißt doch „Schöne neue Welt“

Chris: Nee, der heißt so, weil du Culcha Candela-Fan bist.

Costa: Genau, das war der Grund. Das war sehr lustig. Als ich den Song fertig hatte, sagten alle „Das ist doch der Big Brother-Song“. Ich dachte mir geil, das ist eine gute Idee. Das kann ich mir auch vorstellen. Als ich beim ersten Mal nachfragte, machte mich unser Mercher, der Kotzi, darauf aufmerksam, dass das der neue Big Brother Song von Culcha Candela sei. Darüber hab ich erstmal gelacht, und nochmal gefragt, noch jemand anderen. Ich konnte es nicht glauben. Aber der Titel kommt schon von Huxley.

KT: Und wie kommuniziert ihr ohne diese schönen neuen Medien?

Costa: Wir treffen und sprechen– wie wir gerade. Ich bin auch kein großer Briefeschreiber. Wenn ich schreibe, schreibe ich Texte. Dann aber wirklich alles auf Papier. Ich hab zu Hause total viel Blätterkram. Am PC wird dann nur ausgebessert. Das Handy ist auch eine super Erfindung. Überall kann man Ideen schmieden. Wenn Chemokeule den Mund aufmacht, nehme ich viel auf oder notiere mir so Sätze wie „Wer säuft hat recht.“ Der meint das ja ehrlich, aber wir drucken das auf T-Shirts und verkaufen ein paar tausend davon. Chemokeule ist unsere Ideenschmiede und heißt auch nur noch Sprudelbirne.

Chris: Weil er so viel Wasser trinkt.

Chemokeule: Ja Sprudelwasser (lacht). Aber nur hochwertiges. Das ist schon ganz schön geil.

 

Im zweiten Teil erfahrt ihr dann, ob Costa in der Zukunft lieber als „Costa Wollknäul“ DSDS unsicher macht und wieso Chris findet, das rechts frei macht. Ach ja und Chemokeule trinkt auch weiterhin seeehr viel Sprudelwasser. Seid gespannt…