Oooooooh mein Gott. Ich erwache mit den schlimmsten Kopfschmerzen seit Jahren. Die kleinste Bewegung sorgt dafür, dass ich das Gefühl habe, ich müsste mich übergeben. Na super, wenn ich gestern wenigstens feiern gewesen wäre. Aber die Kopfschmerzen kamen einfach so, aus dem nichts – und das ausgerechnet heute. Sabrina hat doch Geburtstag und wir dachten uns, wir feiern einfach mal mit ganz vielen Menschen, nämlich beim Montrealkonzert in der Werkstatt in Köln.
Bis dahin ist aber zum Glück noch ein wenig Zeit. Ich lasse einfach alles bleiben, was ich mir für den Morgen/Vormitttag eigentlich vorgenommen hatte, quäle mich nur aus dem Bett, um die stärksten Schmerztabletten einzuschmeißen, die ich finden kann und zieh mir dann die Decke wieder über den Kopf.
Etwa fünf Stunden später werde ich erneut wach. Die Schmerzen haben nachgelassen, ich bin immerhin wieder fähig aufzustehen, duschen zu gehen und schon kurz darauf Sabrina in Empfang zu nehmen. Gemeinsam machen wir uns wenig später auf den Weg zur S-Bahn. Das öffentliche Verkehrsmittel unserer Wahl hat jedoch sechs Minuten Verspätung. Diese genügen, dass wir auch unseren Anschlusszug am Hauptbahnhof verpassen. Denn trotz Vollsprints, nach welchem ich das Gefühl habe, mein Kopf müsste augenblicklich explodieren, kann ich dem RE nur noch hinterher winken. Na das läuft ja heute. Sabrina wird nun zunehmend nervöser. Sie hat nämlich vor dem Konzert eigentlich noch ein Interview mit den Jungs von Montreal. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir jetzt noch pünktlich zur vereinbarten Zeit da sind, wird aber gerade verschwindend gering. Aber es hilft ja alles nix. Wir tuckern also mit dem nächsten Zug und Ralf, der am Bahnhof zu uns gestoßen ist (den Zug jedoch auch nicht aufhalten konnte) nach Köln.
Mittlerweile drei oder vier Schmerztabletten haben die Kopfschmerzen noch immer nicht besiegen können. So denk ich mir, trink ich sie eben weg und wir starten mit dem ersten Bier schon in der Bahn, Prost! Wie es mir morgen geht, interessiert mich grad nicht. Noch während der Fahrt ruft Tobi uns an, sagt irgendetwas unverständliches, bei dem wir lediglich “Dreharbeiten….äh, ich….Kontrolle” verstehen können und legt wieder auf. Aaaaha.
In Köln angekommen zieht es mich irgendwie leicht zum Underground, zu oft verbringen wir hier nämlich verdammt gute Abende. Wir müssen das Underground jedoch links liegen lassen und gerade mal eine Nebenstraße weiter. Das Schönste an der Werkstatt ist vermutlich, dass unmittelbar nebenan ein Getränkemarkt ist. Während Sabrina also zum Eingang stürmt, an dem Tobi bereits nervös winkend wartet, gehen Ralf und ich erst einmal nach nebenan, noch mehr Flüssigschnitzel kaufen. Mein Plan scheint aufzugehen. Die Kopfschmerzen lassen tatsächlich nach, ich schwebe aber irgendwie dank der Tabletten auch schon fast durch die Gegend, könnte zeitweise sogar schwören, dass meine Füße gar nicht mehr den Boden berühren.
Nach und nach treffen immer mehr liebe Menschen aus unserem Freundeskreis ein und unser Grüppchen wächst stetig. Ein Blick zum Eingang lässt mich plötzlich stutzen. Ein Kamerateam eines Duisburger Lokalsenders dreht die Runde von Fangrüppchen zu Fangrüppchen. Eine Zeitlang können wir uns geschickt drücken, dann stehen die Guten auch bei uns. Naja, auch nicht schlimm. Es geht wohl um eine Art Dokumentation über die Band und Geka übernimmt hauptsächlich das Wort. Wir erfahren, dass heute jedoch noch mehr Funk- und Fernsehen anwesend ist. Plötzlich macht auch Tobis Gestammel am Telefon Sinn: Ein Team von Kabel1 dreht ernsthaft für “Achtung Kontrolle”. Und so real und “echt” wie das bei solchen Sendungen halt immer zugeht, durfte Tobi vorher bereits sein schauspielerisches Talent beweisen. Wir amüsieren und jedenfalls köstlich bei seinen Schilderungen, ahnen da aber noch nicht, dass die Kameras uns wohl das ganze Konzert über begleiten werden.
Da der Getränkemarktmann (warum auch immer) eher genervt zu sein scheint und unser Pfand nicht mehr annehmen will, gehen wir aus Protest noch zum Aldi gegenüber und kaufen uns feinstes Plastikflaschenbier. So! Das hat bestimmt gesessen, dem haben wir’s gezeigt! (auch wenn er davon vermutlich nichts mitbekommen hat…und wir die Deppen sind, die das Zeug jetzt runterkriegen müssen). Stolz wie Oskar aufgrund unseren Triumphes über den genervten Getränkemann, verpassen wir jedoch leider fast die Supportband. Höchste Zeit, hinein zu gehen!
Das, was wir von „First Class Ticket“ hören, gefällt uns. Wirklich viel kann ich persönlich aber leider nicht zur ersten Band des Abends sagen. Zum einen schwebe ich schließlich durch den Raum und muss dementsprechend schon aufpassen, nicht abzustürzen, zum anderen zieht es meine Freundin Sandra und mich zunächst mal zum Merchstand. Da kaufen wir bei der vielleicht nettesten Merchfrau, die ich bisher getroffen habe (ich habe ihr später noch etwas von meinem Eis bei einer großen amerikanischen Burgerkette abgegeben…das heißt schon was ) noch schnell ein Shirt aus der Grabbelkiste und lassen und schon einmal einen Pulli beiseite legen, denn wir nach dem Konzert noch abholen wollen.
Ganz hinten im Raum ist eine Kamera aufgebaut…ach jaah, da war ja was. Wir mogeln uns bis ganz nach vorn vor die Bühne und BÄM, noch eine Kamera direkt vor unserer Nase. Wir lassen uns aber einfach mal nicht davon stören, ist doch wurscht, wie die uns hinterher darstellen könnten ;).
Dann geht es endlich los mit Montreal. Ein bunter Mix mit Songs aus allen Alben, inklusive des ganz neuen und noch gar nicht erschienenen vierten Albums “Malen nach Zahlen”, wird zum Besten gegeben. Auch der Song zur gleichnamigen Tour “Neues aus der Hobbythek”, der bereits als künstlerisches visuelles Meisterwerk in Form eines Videos im Internet zu bestaunen und in Form einer Doppelsingle zusammen mit dem ebenfalls an diesem Abend gespielten Song “Das falsche Pferd” zu erwerben ist, ist dabei und gefällt mir live noch wesentlich besser. Wundervoll finde ich auch den Augenblick, als wir (von Montreal dazu aufgefordert) die Kameras von Kabel1 mit lauten “Buuuh”-Rufen und Mittelfinger begrüßen. Zu schade, dass man dies vermutlich nicht zu sehen bekommen wird.
Geka, Sandra und ich beschließen noch, mal gleichzeitig Surfen zu gehen. Sandra und ich sind vor nicht allzu langer Zeit an dem Versuch gescheitert, heute klappt es jedoch glänzend und bei “Max Power” werden wir alle drei gleichzeitig durch den Raum gereicht. Das macht so viel Spaß, dass ich Geka überzeugen kann, dass wir das später noch einmal wiederholen müssen. Just in dem Moment, als wir gerade die Bühne erklommen haben, um uns von dort in die Hände der Menge zu geben, kommen Montreal auf die Idee, dass es nun Zeit sei, dass das ganze Publikum sich hinsetzt. Geka und ich können und schlecht von der Bühne in eine sitzende Menge stürzen, schauen uns kurz verwirrt an und setzten uns dann ebenfalls auch einfach hin – nur halt AUF der Bühne, statt davor. Hirsch nimmt noch mein Shirt war, lobt es als “sehr schön” und stimmt mit dem Publikum ein “Sondaschule, Sondaschule, hey, hey!” an. Die Zeit, die wir so auf der Bühne hockend verbringen, kommt mir sehr lang vor und ich entschuldige mich mehrfach bei Geka, denn das hier war nicht geplant. Andererseits ist es ein verdammt irrer Anblick, wenn man mal aus der Sicht der Band von der Bühne aus sehen kann, wie es ausschaut, wenn die ganze Menge sich geschlossen hinsetzt, um dann auf Aufforderung gleichzeitig aufzuspringen und auszurasten. Bei genau diesem Kommando zögere ich auch nicht lange und spring mit dem Kopf voran ins Partyvolk. Den Rest des Abends beschränke ich mich auf’s Pogen, habe aber auch dabei verdammt viel Spaß. Meine Kopfschmerzen nehme ich zu dem Zeitpunkt übrigens gar nicht mehr wahr…
So genial das Konzert auch ist, irgendwann geht es leider zu Ende. Sandra und ich flitzen noch zur Bank, um Geld für die zurückgelegten Pullis zu holen, dürfen deswegen auch nochmal hinein und landen dann wie auch immer im Backstagebereich, wo jedoch auch alle anderen von uns herumspringen. Wir futtern schließlich noch einfach von dem dort stehenden Buffet und quatschen mit anderen Fans, die ebenfalls irgendwie hier gelandet sind, bevor wir alle wieder rausgeschmissen werden. Danach geht es noch weiter zu Jenny, einer weiteren Freundin, nach Hause.
Sabrina und ich kriegen auch da noch nicht genug und machen anschließend darum noch im Sonic Ballroom und mit lecker „Kettenfett“ weiter, statt wie eigentlich geplant heim zu fahren.
Dass ich im Sonic schon wieder mit “Na da ist sie ja, die Crowdsurferin” begrüßt werde (von Hirsch selbst), lässt mich kurz darüber nachdenken, ob ich die Bezeichnung “semiprofessionelle Crowdsurferin” eigentlich auf Visitenkarten drucken lassen kann…
Als Sabrina dann später jedoch “stehend k.o”. zu verstehen gibt, dass nun auch bei ihr Schicht im Schacht sei, beenden auch wir den Abend, fahren heim und landen frühmorgens bei herrlichstem Vogelgezwitscher wieder in Duisburg.
Am nächsten Morgen erwache ich nach relativ kurzer Zeit des Schlafes übrigens komplett schmerzfrei Irgendwas hat mein Körper da wohl verwechselt beziehungsweise scheinbar komplett falsch verstanden…
(M.R.)