Interview mit TV Smith vom 04.11.2012

Die liebe Tamara hat für uns ein Interview mit TV Smith geführt und hier ist das Ergebnis:

Wie und wann haben Vom und Du musikalisch zueinander gefunden?

TV: Ich kannte Vom schon als er noch Schlagzeugtechniker für Die Toten Hosen war. Ich glaube die Hosen haben mich eingeladen für eines ihrer Jubiläen oder Geburtstags-Konzerte in einem Berliner Club zu spielen. Ich erinnere mich zwar nicht mehr an den Namen des Clubs, aber Vom und ich haben uns auf Anhieb gut verstanden.

Wie lang dauerte es bis ihr tatsächlich zusammen Musik gemacht habt?

TV: Campino hat mir für diese Art Konzert einen Schlagzeuger empfohlen, der perfekt zu mir passen würde und das war Vom. Dann haben wir das erste Mal zusammen als Useless gespielt. Es ist schon der Hammer wie er auf dieser Platte spielt. Danach habe ich ihn als Schlagzeuger für meine Platten aufgenommen und er ist seitdem immer dabei.

Wie bist Du gerade zur Musikrichtung Punkrock gekommen?

TV: Ich hatte schon zu Schulzeiten eine Band und auch auf dem College. Zu dieser Zeit gab es Punkrock aber noch gar nicht. Als ich 1976 mit den Adverts angefangen habe war das streng genommen auch noch kein Punkrock. Ich habe auch gar nicht nach einem bestimmten Stil gesucht, sondern eher versucht meine Richtung zu finden. Wir hatten unter den verschiedenen Leuten dieser Zeit aber alle das Gefühl, dass irgendetwas in der Musik fehlte. Zum Glück gab es Leute, die dasselbe dachten und dann kam alles zusammen.

Woher beziehst Du die Inspiration für Deine Texte?

TV: Meine Inspiration kommt aus dem Leben. Ich schreibe über das, was ich sehe, was mich stört und was ich gut finde. Ich versuche immer über die Realität zu schreiben, aber der Weg von einem Text zu dem fertigen Lied ist ein interessanter Prozess. Es hat etwas vom Schreiben eines Gedichts. Man kann über die verschiedenen Probleme reden, aber das bringt eigentlich nichts. Wenn man jedoch Meinungen und Erklärungen hinzufügt, dann wird etwas sehr Spezielles daraus.

Wie würdest Du selbst Deinen Musikstil beschreiben?

TV: Ich würde meinen Stil keines Falls beschreiben können. Ich habe Songs mit ernstem Hintergrund geschrieben, aber auch einige, die eher lustig zu verstehen sind. Da ist es ziemlich schwierig diese verschiedenen Songs in einem Stil zu beschreiben. Deswegen nenne ich sie einfach „Songs“.

Kannst Du Dich an Deine erste Gitarre erinnern und hast Du sie noch immer?

TV: Meine erste Gitarre hatte ich mit etwa 14 Jahren, es war eine Mietgitarre von einer Sonntagsschule. Man hat mir erlaubt sie mit nach Haus zu nehmen und dort zu proben, wahrscheinlich für so einen religiösen Scheiß. Um ehrlich zu sein habe ich die Gitarre geklaut, aber ich besitze sie nicht mehr.

Hast Du durch das Spielen der Gitarre über die Zeit Gelenkprobleme bekommen?

TV: Nein, habe ich eigentlich nicht. Das einzige, was ich über die Zeit bekam ist Hornhaut an den Fingerkuppen. Ich habe schon viel geprobt, da ich etwa 120 Konzerte im Jahr spiele, die 90 Minuten, aber auch drei Stunden dauern können.

Macht es Dich nicht nervös, wenn Du auf der Bühne stehst und von allen Seiten beobachtest wirst?

TV: Auf der Bühne bin ich nicht nervös. Ich weiß, was ich tun muss und deswegen bin ich immer nur vorher aufgeregt. Aber sobald ich auf der Bühne stehe und die Leute sehe ist die Aufregung verflogen. Es ist einfach so ein schönes Gefühl, es gibt nichts Besseres.

Ist es lustiger mit jemand anderem zusammen auf der Bühne zu stehen?

TV: Es ist auf jeden Fall einfacher. Solo auf der Bühne zu stehen bedeutet, dass man die Leute allein mitreißen und unterhalten muss. Zwischen den Songs sollte man schließlich auch etwas sagen. Das ist nicht so einfach, weil man immer voll konzentriert sein muss. Mit Vom gehe ich auf die Bühne, wir nehmen unsere Handtaschen mit und wir witzeln.

Wie sieht eine TV Smith Tour hinter den Kulissen aus?

TV: Also auf Tour gibt es eigentlich keine Entspannung. Man fährt den ganzen Tag, macht Soundchecks und wartet auf den Auftritt. Man trinkt ein bisschen mit den Leuten und dann ist es auch schon Zeit zu schlafen. Normalerweise ist es nicht möglich irgendetwas außerhalb der Konzerte zu organisieren. Wenn ich mal mehrere Tage in einer Stadt bin, dann würde ich in der Stadt spazieren gehen und mir vielleicht Museen anschauen.

Hattest Du dieses Wochenende die Gelegenheit dazu?

TV: Ich habe doch bei Vom übernachtet! Da hab ich schon eine gute Tour in Vom’s berühmter Kellerbar gemacht.

Hast Du auf Tour eine Art Rückzugsort?

TV: Ich habe keine Routine auf Tour. Ich fahre viel mit der Bahn, aber manchmal nehme ich auch ein Taxi oder werde von Freunden gefahren. Es ist alles sehr flexibel und oft spontan. Ich habe auf meinen Touren immer viel zutun, weil ich alles selbst regle. Von Soundcheck über Merchandise, die Buchungen von Zugreisen und Hotels mache ich alles selbst.

Würdest Du Dich als Allrounder bezeichnen?

TV: Ich muss ein Allrounder sein, weil ich allein auf Tour gehe. Ich muss zwar alles selbst machen, aber ich kann niemandem gegenüber misstrauisch sein. Ich weiß immer genau was passiert, ob es die Anzahl der verkauften Platten ist oder vor wie vielen Menschen ich spiele. Niemand ruft mich an und sagt: „TV, ich hab vergessen Dir zu sagen, dass du nächste Woche in den USA spielst!“, das wird nie passieren.

Du kommst im Gegensatz zu anderen Bands ziemlich umweltbewusst rüber, da Du öfter mit der Bahn fährst als mit dem Auto. Ich habe gehört, dass Du auch versuchst vegan zu leben. Funktioniert das auf Tour?

TV: Ich lebe eigentlich vegetarisch, wobei ich gern vegan esse.  Aber mit der Fortbewegung das ist bei mir ganz anders als bei Bands. Ich finde selbst nicht, dass ich umweltfreundlich bin, weil ich oft für meine Konzerte fliegen muss. Die Spuren, die ich damit hinterlasse sind schon groß, aber Musiker zu sein heißt durch die ganze Welt zu fahren und die Musik zu den Leuten zu bringen. Es wäre auch nicht gut, wenn sie alle zu mir kämen. Ich versuche aber so umweltfreundlich wie möglich zu leben, aber mit einer Band ginge das gar nicht.

Welche Beziehung hast Du denn zu Deutschland, dass Du hier häufig auftrittst?

TV: Die deutschen Leute haben mich gern, sie laden mich oft zu Konzerten ein und deswegen komme ich her. In der deutschen Punkrockszene gibt es auch viele kleine Clubs und Möglichkeiten zu spielen und die Leute kommen zu den Konzerten. Das ist in anderen Ländern nicht unbedingt so. In Großbritannien sind Clubs für 150 bis 200 Leute schwierig zu finden. Es gibt entweder kleine Kneipen oder große Stadien. In dieser Hinsicht ist Deutschland wirklich fit. Kleine Bands werden unterstützt und das kommt mir natürlich zu Gute.  Deswegen mag ich auch den Pitcher.

Was hältst Du denn von deutschem Bier?

TV: Was ich auf jeden Fall gut finde ist das Reinheitsgebot. Du kannst so viel trinken wie Du willst und bekommst überhaupt keine Kopfschmerzen. Ich bin aber immer noch dabei meine Grenze aus zu testen. Mal schauen was heute noch auf mich zukommt. Ich hoffe nur es ist kein Jägermeister!

Ist das noch Punkrock Deine T-Shirts für 10€ zu verkaufen, obwohl Du gestern sagtest, dass Punkrock bedeutet sich T-Shirts für 1€ zu kaufen und danach weg zu werfen?

TV: Nein, so habe ich das nicht gemeint, das wäre kein Punkrock. Ich habe mich über die Idee beschwert, dass in den Supermärkten T-Shirts nur 1€ kosten. Da fragt man sich doch wie die so billig sein können. Was liegt hinter diesen billigen Preisen, wer arbeitet in diesen scheiß Fabriken? Nur damit man nicht überlegen muss, sondern ein T-Shirt für 1€ kauft, um es danach wegwerfen zu können. In dieser Mentalität gibt es einfach keinen Wert.

Vielen Dank für das Interview!

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