Kleinhistoriker unter sich – Madsen in Köln (08.10.2012)

„Denn du schreibst Geschichte, mit jedem Schritt!“, heißt es in einem Madsen Song. Derzeit touren die Wendländer durch die Nation. Vergangenen Montag machten sie Station in Köln. Doch schafft es dieses Konzert in die Musik-Geschichtsbücher?

Konzerte an einem Montagabend sind immer so eine Sache. Eigentlich haben sich alle schon am Wochenende ausgetobt. Zudem steckt einem der erste Arbeitstag in den Knochen, und die restliche Arbeitswoche bevor. Dementsprechend haben es Montagskonzerte zunächst immer etwas schwerer. Die Magie muss sich erst langsam in die beschäftigten Köpfe schleichen. Opfer dieser langsamen Zauber sind meist die Vorbands. So auch vergangenen Montag in Köln. „Unimportant People“ nennt sich die Dreimanncombo aus Berlin. Bestes Fach: Indierock. Ich muss sagen, der Sänger beeindruckte mich zunächst schwer: Schöne Stimmfarbe kombiniert mit indiewürdigen Gitarrenriffs. Nach drei Songs war aber die Luft raus. Jedes Lied hörte sich in etwa gleich an. Selbst ein Weihnachtsintro machte die Sache nicht besser. Vielleicht schaffen sie es ja, wie jede zweite Indieband, mal ihren einen Hit zu landen. Mein Gedächtnis hat sie jedenfalls fast schon wieder vergessen. So gesellte ich mich mit meiner Schwester zunächst noch einmal an die frische Luft um eine Zigarette zu rauchen. Amüsant war hier der Security, der es sich in seiner sahara-braunen Jacke zur Aufgabe gemacht hatte, bloß jeden Raucher von der Treppe, rein auf den Schotterhof zu verbannen. Er wäre wohl besser Tierwärter im Zoo geworden – die Jacke passt immerhin.

Wieder im E-Werk eingekehrt, wurde ich Zeuge eines seltsamen Phänomens. Das Licht war noch an, irgendjemand auf der Bühne gab Kommandos. Was soll das? Erst dann entdeckte ich eine winzige Figur über die Menge surfen. Ist Crowd Surfen jetzt etwa Volkssport geworden, fragte ich mich. Auf dem Weg zu meinen Freunden, entdeckte ich neben dem Kommandeur auf der Bühne etliche Kameras. Angekommen, erfuhr ich auch den Sinn dieser Trockensurf-Übung: es wird ein Film gedreht. Allerdings wohl nicht für die Band selbst. Wir kommen also ins Kino, oder zu mindestens ins Fernsehen – wie interessant. Dass dies später zu einiger Behinderung führte, ahnten wir noch nicht.

Dann begann endlich die Geschichte – mit „Wo es beginnt“ als Intro. Okay, ich muss zugeben, es ist auch ein guter Opener, jedoch ließ er zunächst die Sorge keimen, jetzt das gesamte neue Album im Livegenuss hören zu müssen. Aber die Sorge blieb unbegründet. Einige Klassiker wie „Mein Therapeut und ich“ und „Vielleicht“ folgten relativ früh im Set. Das Publikum ließ keine Montagsstimmung mehr aufkommen. Alle feierten begeistert mit der Band. Selbst die Ränge sprangen und sangen fleißig mit. Durchschnittlich war der Personenkreis jedoch sehr jung und sehr betrunken. Schulferien in Nordrhein-Westfalen. Ganz vergessen – da wundert es nicht sehr, dass die Montagsstimmung auch in Urlaub war. Madsen, im Besonderen Sebastian, schien schier begeistert von der Masse. Ob dies, trotz ausverkaufter Location, aber auch nur Publicity wegen der schlechten Presse in Köln war? Ich bin mir nicht sicher, ob die Ansagen voller Euphorie alle so hundertprozentig ernst waren. Schließlich wurde – als Konter für die Presse – ein Kranz Kölsch auf die Bühne gereicht und von der Band getrunken. Werbung, oder auch noch weiterhin zur Filmproduktion, war ebenfalls das Kamerateam, dass sich nach der Hälfte des Auftrittes vor uns aufbaute. Dabei – der kleine Crowdsurfer mit einem billig aufgemalten Tattoo auf dem Hals. Wie ich diese Stereotypen liebe. Viel mehr störte aber die Kamera, die munter rot vor sich her blinkte. Es muss mal gesagt sein: Ich finde es unverschämt, dass keine Ankündigungen bezüglich des Filmens gemacht wurden (auch nicht im Foyer). Meine Konzertstimmung war aufgrund des Big Brother Momentes zunächst hin. Doch irgendwann zogen die Herrschaften wieder von dannen und wir konnten uns wieder der Musik hingeben.

Highlight des Abends war das Duett zwischen Sebastian und der Keyboarderin „Lisa Who“, die die Band schon auf der vergangenen Tour tastentechnisch unterstütze. Gefühlvoll zauberten sie kurzweilig Gänsehaut und Lächeln die Gesichter vieler heranwachsender Mädchen. Danach ging es aber krachend weiter. Genial wie immer war auch Johannes Solo bei „Kein Mann für eine Nacht“. An diesem Lied kann ich mich einfach nicht satt hören.

Alles in allem war es ein sehr schnelllebiger Abend trotz geschätzter Spiellänge von zwei Stunden. Meines Erachtens viel zu schnell ging es vorbei, verschallten die „Nachtbaden“-Chöre. Chöre waren leider an diesem Abend Mangelware. Das, was mich bei den Festivalauftritten von Madsen immer so mitgerissen hatte. Nichts desto trotz, eine kleine Musikgeschichte wurde für mich an diesen Abend trotzdem geschrieben. Es war mit Sicherheit kein spektakuläres Konzert, aber rundum schön.

Jenny